ROSTOCK – Meine Entwicklung in 2 Jahren
Ich habe mich sehr gefreut auf diesen Tag. Endlich wieder in Rostock spielen. Doch wie war es? Konnte der gestrige Tag die ohnehin schon hohen Erwartungen an Straßenmusik-Sessions in Rostock erfüllen? Was geht mir durch den Kopf, während 50+ Menschen im Halbkreis um mich herum stehen? Was war meine Bekanntschaft des Tages?
Rostock. 31.10.2019. Halloween.
Vor zwei Jahren saß ich genau am selben Fleck – Na gut, ein paar Meter weiter – mit angeschminkter Totenkopfmaske im Gesicht und Gitarre in der Hand. Leider hat es in diesem Jahr nicht geklappt, aber dennoch wollte ich gern Erinnerungen aufkommen lassen – schließlich ist das, was damals aus Lust und Laune entstanden ist (die Gitarre zu schnappen und mich eines Nachmittags auf die Straße zu setzen) nach diesen Jahren mittlerweile ein fester Bestandteil meines jungen Lebens geworden. Selbst wenn es morgen alles vorbei wäre, würden diese wundervollen Erinnerungen bleiben. Viele davon kommen aus Rostocks Straßen.
Ich weiß es noch genau, wie ich mit schlechtem Equipment völlig aufgeregt & mit gesenktem Blick dort meine Lieder spielte. „Bloß nicht hoch gucken.“ „Was denken die anderen.“ „Hoffentlich gefällt es und niemand scheucht mich weg.“ … Wir alle kennen diese Gedanken.
Ich schreibe diesen Artikel nicht nur für mich als Berichterstattung, um später etwas zu haben, auf das ich mit einem Lächeln im Gesicht zurückblicken kann, sondern auch, um – sofern es sich anbietet – Dir beim Lesen einen Mehrwert zu bieten.
Die Gedanken, die ich ein paar Zeilen zuvor beschrieben habe, kennst Du auch. Die kennen wir alle. Wie Du vielleicht weißt, liebe ich es nicht nur Musik zu machen, sondern auch an mir zu arbeiten. Mich meinen Ängsten zu stellen, bewusst in Situationen zu bringen, in denen ich nicht souverän bin. Bewusst und mit Absicht. Seitdem ich schüchtern mit meiner Gitarre und dem damals für jedermann zum Naserümpfen anregenden Künstlernamen „ÖXL“ in der Fußgängerzone saß, sind gut 2 Jahre vergangen. Wenn ich mich heute mit der Gitarre auf die Straße setze, bin ich nicht mehr aufgeregt. Nein, auch kein kleines bisschen. Es ist normal, vor fremden Menschen zu singen.
Wenn ich eine Erfahrung mit Dir teilen darf, dann dass „Dranbleiben“ mein Schlüssel war, um heute zu sein, wo ich bin. Ich meine, ich bin seit gut 2,5 Jahren dabei – und zwar engagiert! -, habe wirklich viele Auftritte gespielt, kenne unzählige Fußgängerzonen… und erst seit Kurzem habe ich das Gefühl, souverän indem zu sein, was ich tue. Natürlich ist meine Vision und mein Ziel mir weit voraus – so wird es immer bleiben -, aber … „manchmal einfach zufrieden sein“ und den Moment mit all seinen Facetten wertschätzen.
Dass ich souveräner werde, habe nicht nur ich gemerkt, sondern auch die Passanten der Rostocker Fußgängerzone.
Ich rufe mit viel Wohlwollen in den Wald hinein – Und es kommt so viel zurück.
Manche nennen es Karma. Andere nennen es „Gesetz der Anziehung“.
Fakt ist, dass ich meine Sache mit viel Leidenschaft und Liebe tue. Eine weitere Erfahrung, die ich dadurch gemacht habe, ist, dass das von anderen Menschen erstens wahrgenommen wird, und zweitens mit offenen Armen willkommen geheißen wird. Und damit meine ich kein stumpfes Nicken und Abhaken. Nein. Damit meine ich Briefe, damit meine ich einen extra für mich gebackenen Käsekuchen, damit meine ich eine extra für mich mitgebrachte Thermoskanne mit Tee, die mir gestern an diesem kalten Tag in Rostock mitgebracht wurde.
Dies war übrigens der Moment und die Begegnung meines Tages. Ein kleines Mädchen stand plötzlich vor mir und reichte mir eine Thermoskanne und eine aus Papier gebastelte Gitarre, auf der „ÖXL“ stand.
Viel zu oft nehme ich Dinge hin, ohne weiter darüber nachzudenken. Aber manchmal denke ich dann doch darüber nach und mache mir bewusst, dass hinter solchen Dingen – ob dem Käsekuchen oder der Thermoskanne – Zeit und Wohlwollen steckt. Dann sitze ich in einer stillen Minute da und sage mir im Kopf: „Hey, da sitzt eine Person zuhause und macht sich Gedanken, wie sie Dir eine Freude machen kann. Menschen investieren Ihre Lebenszeit um Dir einen Kuchen zu backen oder Dir eine kleine Gitarre zu basteln, oder Dir einen Tee mitzubringen…„
Um ehrlich zu sein, habe ich manchmal das Gefühl, das gerade ist alles nur ein Traum.
..
Bis mir dann auffällt, dass der Tee echt heiß ist und ein Tee im Traum mir nicht die Zunge verbrüht hätte.
Ich habe noch ein, zwei Eindrücke vom gestrigen Tag für Dich:
Ich hoffe, Dir hat mein Beitrag gefallen. Ich bin für Feedback und Verbesserungsvorschläge sehr dankbar.
Außerdem wünsche ich Dir einen tollen Tag!
Bis bald,
Öxl 🙂
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Hi Viktor, ich verfolge deinen Weg schon eine ganze Weile aus dem nicht all zu fernen Lübeck und finde es toll, wie unbeschwert du deinen Weg gehst. Lass dich nicht abbringen deinen Traum zu leben und weiter Musik zu machen:-) vielleicht spielst du ja auch mal in lübeck und sagt mir dann Bescheid. Ich würde mich freuen!
Hallo Helmut!
Vielen Dank für Deinen netten Kommentar. Schön zu lesen, dass es heimliche Beobachter wie Dich gibt. 🙂
In Lübeck spielen? Mal sehen, was das nächste Jahr mit sich bringt!!
Liebe Grüße,
Victor
Zum dritten Mal gelesen… Weil es so schön ist… Weil es das Herz erwärmt… Weil du wieder mal zeigst und erinnerst, dass man vermeintlichen Kleinigkeiten viel mehr Wert zuschreiben sollte… und wie wichtig und bereichernd es ist, den Moment bewusst wahrzunehmen, zu genießen und dankbar dafür zu sein, weil nichts selbstverständlich ist… Und weil ich vom ersten Lesen an direkt eigene Situationen und Dinge im Kopf habe, die ich plötzlich noch mehr wertschätze, als ohnehin schon… Was für ein gutes Gefühl… DANKE, Victor! Es tut unfassbar gut, sowas zu lesen, erst recht wenn man weiß und spürt, wie sehr es von Herzen kommt ❤️
Hey Mareike,
vielen Dank -mal wieder- für einen tollen Kommentar. Der Blick für die kleinen Dinge macht den kleinen aber feinen Unterschied, glaube ich!
Liebe Grüße,
Victor